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Nachdenken über den Tod



Was wird von uns bleiben, wenn wir gestorben sind? Das ist eine der Fragen, die uns im Blick auf den Tod beschäftigen. Komponisten denken darüber musikalisch nach. Johannes Brahms (1833 – 1897) tat das kompositorisch zwei Mal.

Das erste Mal in der Mitte seiner 30er Jahre mit seinem „Deutschen Requiem“, einem großen Werk für Orchester, Chor und Solisten. Dabei wählte er, als in Hamburg geborener Protestant, anders als beim Requiem der katholischen Liturgie, Texte aus dem Alten und Neuen Testament in der Fassung der Lutherbibel aus: Stellen, die ihm geeignet schienen, die Hinterbliebenen zu trösten – diejenigen, „die da Leid tragen.“

Das zweite Werk entstand 1896, ein Jahr vor seinem Tod. In den „Vier ernsten Gesängen“, jeweils von etwa vier Minuten Dauer, trägt ein Bariton, nur von einem Klavier begleitet, wiederum Stellen aus dem Alten und Neuen Testament vor – eine Auswahl, die wohl deutlicher seine Beschäftigung mit dem eigenen, nahen Tod verrät.


Der erste Gesang beginnt mit der nüchternen Feststellung aus dem Buch Kohelet (3, 19-22): „Denn es gehet dem Menschen wie dem Vieh; wie dies stirbt, so stirbt er auch.“ Und einen gewissen Trost sieht der alttestamentliche Weise darin: „Darum sahe ich, dass nichts Bessers sei, denn dass der Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit“, auch weil er nicht wissen kann, „was nach ihm geschehen wird.“

Der zweite Gesang, wieder mit Worten aus Kohelet (4, 1-3), nimmt „die Unrecht leiden unter der Sonne“ in den Blick. Sie haben keinen Tröster; denn „die ihnen Unrecht täten, waren zu mächtig.“ Wer schon gestorben ist, und erst recht der Ungeborene, hat es da besser, weil er „des Bösen nicht inne wird, das unter der Sonne geschieht.“

Im dritten Gesang nennt der Verfasser des Buches Jesus Sirach (41, 1-2) den Tod bitter, ja bitter für denjenigen, „der gute Tage und genug hat und ohne Sorge lebet.“ Ganz anders ist der Tod für denjenigen, der da schwach und alt ist und in allen Sorgen steckt, der nicht Bessers zu hoffen noch zu erwarten hat.“ Er kann sagen: „O Tod, wie wohl tust du!“


Mit dem vierten Gesang verlässt Brahms die nüchterne bis pessimistische Sicht der alttestamentlichen Weisheitsliteratur und übernimmt das Lied der Liebe aus dem 1. Korintherbrief (Kap. 13). Er beantwortet für mich damit auch die Frage, was bleibt, wenn wir gestorben sind. Das Einzige von all unseren Lebensleistungen, die vielleicht Anrecht auf Ewigkeit haben, ist die Liebe, die wir versucht haben zu leben. „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete – und hätte der Liebe nicht, so wär’ ich ein tönend‘ Erz oder eine klingende Schelle.“ Und am Ende dieses großartigen Liedes, das Paulus dichtete oder vorfand: „Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber wird ich’s erkennen, gleichwie ich erkennet bin. Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen.“


Gesungen von Thomas Quasthoff in Begleitung von Justus Zeyen, hier der Link:

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